(vorgestellt von D4S für supernes.de)
Habt ihr euch nicht auch schon einmal gefragt, wofür eigentlich dieser seltsame, mit EXT beschriftete Port an der Unterseite des SNES gedacht war? Klar, als erstes denkt man an das lauthals von Nintendo angekündigte, jedoch niemals veröffentlichte SNES CD-Rom.
Aber es gab tatsächlich ein kommerziell in Japan veröffentlichtes Gerät, das diesen Port benutzte: das „Satellaview„!
Im Grunde genommen handelt es sich dabei um ein Satellitenmodem für das SNES, obwohl der Name Modem (kommt von Modulator/Demodulator) eigentlich nicht ganz korrekt ist, denn das Satellaview kann von Haus aus nur Daten empfangen (demodulieren), nicht senden. Oder habt ihr schon mal versucht, zu einem Fernsehsatelliten zurückzufunken? Eben!
Hier erstmal ein Bild des aufgebauten Gerätes:
Zu sehen sind:
- (1) – Super NES / Super Famicom
- (2) – Satellaview Satellitenmodem (Basisgerät)
- (3) – A/V adapter
- (4) – bs-x Modul (enthält Bios, Menu, Batteriespeicher, 4mbit Arbeitsspeicher, Slot für 8m Memorycard)
- (5) – 8m Memorycard (enthält 8mbit/1mbyte wiederbeschreibbaren Flash-Speicher)
Halten wir also fest:
Vorteile der Satellitentechnologie sind sehr hohe Geschwindigkeit, sehr einfache Installation (das Satellaview (2) unten ins SNES stecken, den Adapter (3) zwischen TV-Receiver und Sat-Schüssel klemmen, bs-x Modul (4) ins SNES stecken und einschalten) und keine Verbindungsgebühren für den Nutzer.
Die Nachteile sind allerdings folgende: kein bidirektionaler Datentransfer,(d.h. man kann nur Daten emfangen, nicht senden), somit auch keine Möglichkeit individuell einzelne Dienste abzurufen bzw. mit dem Server oder anderen Satellaview-Nutzern zu kommunizieren.
All diese Vor- und Nachteile lassen schon darauf schliessen, wofür das „Satellaview“ gedacht war:
Nicht um im Internet zu surfen, nicht um online Multiplayergames zocken sondern einzig und allein um Spiele und e-zines herunterzuladen.
Das funktionierte so:
In Japan gab es einen Sender namens ’st. giga‘, dieser sendete von 4 bis 7 uhr morgens anstelle des normalen TV-Programmes Daten für das Satellaview, die dann von selbigem interpretiert wurden und auf Wunsch des Users auf der kleinen Memorycard gespeichert wurden.
Da ein Spiel meistens die ganzen 8mbit der Memorycard belegte und man somit gezwungen war, das alte Spiel zu löschen wenn man etwas Neues herunterladen wollte, konnte man die kleinen Memorycards seperat kaufen, allerdings gab es nie welche, die grösser als 8mbit waren.
Nintendo saß der Schock mit dem Famicom Disk System (Diskettenlaufwerk für das NES, nur in Japan erschienen) anscheinend noch tief in den Knochen, damals veröffentlichten asiatische Softwarepiraten massenweise Raubkopien auf Disketten, da diese für sie wesentlich billiger herzustellen waren als Module.
Daher entschied man sich dafür, jeden möglichen Missbrauch schon im Keim zu ersticken.
Da ihr nun einiges über die technischen Details des System wisst, können wir zu dem wichtigsten Aspekt kommen – den Spielen!
Das „Satellaview“ hat es zwar nur auf eine magere Anzahl von etwa 40 Spielen gebracht (falls ihr ROM-Sammlungen wie goodsnes zu Hause habt: die Satellaview-Roms sind mit dem Kürzel „bs“ vor dem Spielenamen gekennzeichnet), darunter sind jedoch auch einige Perlen enthalten, die man zumindest mal angespielt haben sollte.
Zum Systemstart hatten eine Reihe namhafter Entwickler den Support für das „Satellaview“ zugesagt, letztendlich entwickelten aber praktisch nur noch Squaresoft und Nintendo selbst Spiele.
Nennenswert wäre da zb. das inoffizielle „Chrono Trigger“-Sequel „Radical Dreamers“.
Es greift einige Aspekte seines Vorgängers auf und ist sozusagen das Bindeglied zwischen diesem und „Chrono Chross“ für die Playstation, für Fans also unbedingt empfehlenswert. Es handelt sich allerdings nicht um ein RPG, sondern um ein atmosphärisch sehr dichtes Textadventure, eine Art interaktives Buch mit wunderschöner Grafik und Musik. Eine Übersetzung ins Englische kann übrigens auf http://radicaldreamers.sourceforge.net heruntergeladen werden.
Desweiteren nennenswert wären:
- F-Zero 2
- Legend of Zelda (eine Konvertierung des NES-Originals auf das SNES)
- Treasure conflix (von Square, eine Mischung aus Shooter und RPG)
- Dynami tracer (Square, Mischung aus Adventure und Rennspiel, entfernt mit „Racing lagoon“ für PSX vergleichbar)
- Excitebike
Nun zum einzigen (aber gewaltigen) Manko des Systems:
Im Grunde kann man heute nicht mehr das Geringste damit anfangen, es ist ein reines Sammlerstück!
Das Satellitenprogramm wird seit 1998 nicht mehr ausgestrahlt, und selbst damals war es hier in Deutschland natürlich nicht zu empfangen.
Das heißt um etwas damit anfangen zu können sollte man zumindest eine Memorycard mit einem Spiel besitzen, ob sich dafür allerdings der Aufwand lohnt bleibt fraglich, denn wenn man nur die Spiele spielen möchte, kann man dazu genauso gut einen Emulator oder eine Kopierstation hernehmen (allerdings mit ein paar Einschränkungen).
Solltet ihr euch dennoch ein „Satellaview“ zulegen wollen, gibt es einiges zu beachten:
Das System ist auf „ebay“ und generell ausserhalb Japans wahnsinnig teuer. 250,- Euro und mehr für ein „Satellaview“ inkl. Verpackung, Anleitung und Memorycard sind keine Seltenheit.
Für gesuchte Spiele wie z.B. „Radical dreamers“ oder „F-Zero 2“ zahlt man überdurchschnittlich viel, selbst für Satellaviewverhältnisse. Man braucht zwingend ein japanisches SNES, um das bs-x Modul, das Herzstück des Systems, überhaupt zum Laufen zu bringen.
Immer noch interessiert?
Ok, dann sind hier einige Möglichkeiten, wie man sich das Ganze – vor allen Dingen finanziell – extrem erleichtern kann:
1. kauft euer „Satellaview“ UNBEDINGT direkt in Japan, dort ist kaum jemand am System selber interessiert, die Japaner sammeln nur die Spiele auf den Memorycards.
Ich z.B. habe mein „Satellaview“ (praktisch neuwertig, abgesehen davon das die Memorycard fehlte) für umgerechnet 35,- Euro auf yahoo.jp gekauft.
Dieser krasse Preisunterschied ist meiner Meinung nach schon einige Mühen wert, wenn man denn so ein Gerät als Krönung der eigenen SNES-Sammlung haben möchte.
Das Problem ist nur: wie kommt man da ran?
Hört euch auf jeden Fall mal bei den Verkäufern auf ebay.de um, es gibt eine Reihe von Personen, die sich darauf spezialisiert haben, Videospiele aus Japan zu importieren, die nehmen öfter auch private Bestellungen entgegen.
Der folgende Link zeigt euch immer alle aktuellen Auktionen auf yahoo.jp zum Thema satellaview an: Satellaviews auf yahoo.jp
2. Die Memorycards sind, wie bereits gesagt, wiederbeschreibbar.
Es ist also möglich, günstig unbeschriebene Memorycards zu kaufen und diese dann nachträgliche selbst mit den entsprechenden Spielen zu beschreiben, anstatt horrende Preise für bestimmte Spiele zu bezahlen, die im Endeffekt ja das gleiche in grün sind.
Wenn genug Interesse besteht kann ich mal das ein oder andere Tutorial auf meine Seite (http://snesdev.romhack.de) hochladen wo erklärt wird, wie man sich diese Memorycards selbst beschreiben kann.
3. Wenn ihr euch kein japanisches SNES leisten könnt, das ohnehin noch ein NTSC-Videosignal ausgibt könnt ihr euch als Alternative auch einen fire2 Importadapter besorgen um das „Satellaview“ auf einem PAL-SNES laufen zu lassen.
Allerdings muss es schon dieser spezielle adapter sein.Mit Standardadaptern werdet ihr da wenig reißen können, genausowenig wie mit umgebauten SNES-Konsolen.
Zum Abschluss noch einige technischen Daten des Satellaviews:
- Satellaview-Modem (Basisgerät)
- pcm-decoder
- data-channel-decoder
- expansions-slot für dial-up Modem(wurde nie veröffentlicht)
- Kommunikation zum SNES erfolgt über 4 interne Register.
- maximale Übertragungsgeschwindigkeit: 668kbps
- bs-x special broadcast cassette (großes Modul, von der Form dem Super Gameboy ähnlich)
- erweitert den SNES Arbeitsspeicher auf insgesamt 5mbit (vorher 1mbit)
- Memorymap-Controller und security-lockout auf einem Chip
- Bios 8mbit (theoretisches Maximum 32mbit)
- 256kbit batteriegestützter Speicher für Spielstände
- Nintendo-eigener 62pin-slot für 8m Memorycard
- 8m Memorycard (kleines Modul)
- 8mbit Flashrom (theoretisches Maximum 32mbit)
Bei Fragen genügt eine eMail an mich 😉
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